MARIA ELISABETH PRIGGE

Im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert macht es sich eine Künstlerin aus Salzburg zur Gewohnheit, über Jahre hinweg längere oder kürzere Zeit Island zu besuchen um dort zu arbeiten. Sie ist von Land und Leuten fasziniert, taucht tief in deren Kultur ein und erlebt das Meiste stärker als die Einwohner selbst und sie öffnet vielen, die ihr begegnen die Augen für die Schönheiten des Landes.
Die Weite der Landschaft, die schwarze Lava mit all ihren Gestalten und das daunenweiche Moos mit seinen Grünschattierungen begeistern sie immer wieder. Die heißen Quellen und die Wasserfälle, Flüsse und Seen und nicht zuletzt die himmelblaue See, oft versilbert durch die Lichtflut des Nordens, oder die Welle, die an Land rollt, frischen ihren Geist auf und geben ihr schöpferische Kraft.
Ein ovaler Stein, schön geformt, der verlassen am Boden liegt, wandert in ihre Handfläche und als Andenken mit nach Hause.
Die Künstlerin ist durchschnittlich groß und von dunkler Erscheinung. Ihre Kleidung ist zeitlos, meist in dunklen Farben, oft unterstrichen durch einen rötlichen Schal, der über ihre rechte Schulter geschlagen ist. Als Akzent trägt sie oft schlichten Silberschmuck. Sie strahlt etwas Französisches aus und erscheint zunächst zurückhaltend. Doch lernt man sie näher kennen, fasziniert ihre Kühnheit und ihr Selbstbewusstsein und man spürt das innere Feuer, das sich in ihren Werken Bahn bricht.
Ihre Gesprächspartner vergessen sich bei ihren fesselnden künstlerischen oder philosophischen Erörterungen. Und dann ist es dieses kurze Blitzen der braunen Augen, ihr bezauberndes Lächeln und ihr kräftiges Lachen, das uns in Bann schlägt.
Alles neigt sich dem Ende zu, und Maria verläßt diese Welt nach schwerer Krankheit im siebten Jahr des neuen Jahrhunderts, knapp sechzig Jahre alt. Ihre Asche wird an der Mündung von Salzach und Saalach in Österreich verstreut, und so wird sie eins mit der Natur. Die Gegenwart der Künstlerin und ihr Schaffen sind so stark, dass ihr Geist ihren Freunden erhalten bleibt und auch den Kunstfreunden, die in Zukunft Ihre Werke betrachten werden.

Ármann Reynisson ist Autor und lebt in Reykjavík. Die Vignette über M. E. Prigge schrieb er am 12.10.2008.